Fünf Vorstellungen

Als Erstes muss man sich die Frage stellen, ob ich nach dem Tod weiterlebe, und was von mir dann reinkarnieren würde. Dazu gibt es fünf Positionen, was nach dem Tod passiert:

  1. Die Lebensenergien überdauern, nicht aber der individuelle Mensch an sich, mit seinen individuellen Erinnerungen. Die Lebensenergien können wieder neue Körper aller Art beleben: Pflanzen, Tiere, Menschen… (Seelenwanderung).
  2. Der Mensch reinkarniert vor allem als Mensch, d.h. Seele und Bewusstsein. Als Mensch, weil er als Bewusstsein die Stufe von Pflanzen, Tieren usw. bereits überwunden hat, wobei bestimmte Erinnerungen an frühere Leben tief in der eigenen Seele vergraben liegen und mitgenommen werden. Je mehr kosmische Einsichten und Lektionen der Mensch erwirbt, desto mehr nimmt er davon nach seinem Tode auch mit, als wären sie in seinem „persönlichen Buch des Lebens eingraviert“. Je weniger er davon hat, desto weniger kann er sich auch in einer neuen Inkarnation erinnern.
  3. Monadenlehre: Die individuelle vergängliche Seele ist nur ein Teil einer übergeordneten unsterblichen Monade („Inneres Höheres Selbst“), deren Teilseelen sich in Raum und Zeit verstreut inkarnieren. Das Innere Selbst ist wiederum selbst nur ein Teil der Weltseele gesamt und damit ein Teil, ruhend in Gott.
  4. Der individuelle Mensch inkarniert nicht mehr, sondern ruht a. nach dem Tod „gleichsam in Gott“; lebt geistig irgendwie wie schlafend auf einer Jenseitsebene fort, oder wartet (im Grab) wie im Schlaf auf eine Erweckung in ein himmlisches Leben mit einem neuen (von Gott geformten) Körper, sobald die Zeit gekommen ist und er für würdig befunden wurde. Oder lebt b. überhaupt nicht mehr, nicht einmal geistig, sondern hat alles was ihn als Individuum mal ausmachte an seinen Schöpfer (= Gott, Erde, Mutter Natur…) zurückgegeben, womit alle diese Teile zu ihrem Ursprung zurückkehren.
  5. Wenn von „Wiedergeburt“ gesprochen wird, ist bei manchen Gruppen bestenfalls eine geistige Wiedergeburt gemeint, ein innerer Transformationsprozess, eine Erleuchtung, die noch in diesem Menschenleben stattfindet. Im Christentum sind solche Phasen der geistigen Transformation einerseits die Taufe und dann die Erleuchtung durch den Heiligen Geist (Pfingstwunder), wodurch man (erleuchtet und eins mit Jesus und mit Gott) Eingang in ein himmlisches Paradies findet. Der dritte Schritt der Heiligung wäre sozusagen auch eine körperliche Verklärung/Vergeistigung, die über den Tod hinausgeht…

Im Islam stellt das gottesfürchtige Leben als Muslim selbst so eine Art Transformationsprozess dar. (Anmerkung: Wer bereits geistig transformiert und kosmisch-göttlich erleuchtet ist, für den entfiele ohnehin die Notwendigkeit weiterer Reinkarnationen.)

Jedes dieser fünf Positionen hat etwas für sich – möglicherweise ist jede der fünf Aussagen gleichermaßen richtig. Die scheinbare Verwirrung und Gegensätzlichkeit ergibt sich nur daraus, dass das Thema unsere beschränkte menschliche Vorstellung übersteigt.

Vergleich der Vorstellungen

Im Hinduismus, beruhend auf den heiligen Upanishaden, ist der Mensch in erster Linie eine ewige unsterbliche Seele (Atman), die sich je nach den Gesetzen von Dharma (sittlich-ethische Weltordnung) und Karma (Gedanken und Taten werden zu Ursachen für bestimmte Manifestationen; Gesetz von Ursache und Wirkung) in bestimmte Körper inkarniert, als Tier, Mensch oder als Deva (Gottheit, höheres Wesen). Unter „Jiva“ versteht man im Hinduismus die individuelle Seele, die sich aus dem Zusammenwirken von Atman mit Vernunft, Gefühlen, Wünschen und Erfahrungen ergibt. Es ist dieses Jiva-Teil, welches die Reinkarnation bedingt, und welches sich zwischen den Inkarnationen auf den ihr gemäßen jenseitigen Ebenen aufhält. Die Reinkarnationen dauern fort, bis zur endgültigen Erlösung/Klärung der Jiva-Teile (Moksha) und damit der erneuten Einswerdung von Atman mit Brahman, der Weltseele.

Während einige Hindus der Meinung sind, das Individuum könne sich nur selbst erlösen, vertrauen andere zusätzlich auf Gebete, die die göttliche Gnade als Hilfe herabrufen. Ziel der Hindus ist, dem Leid des Kreislaufs von Werden und Vergehen (Samsara) zu entkommen. Dazu gibt es vier Wege zur Erlösung: den Weg des Wissens, den Weg der (guten) Taten, den Weg der Gottesliebe oder den Weg durch Yoga und Meditation (=innere Versenkung).

Im Buddhismus, welches die meisten Gedanken aus dem Hinduismus übernommen hat, wird ein inkarnierter Atman, d.h. eine ewige überdauernde Seele verneint, sondern es gibt nur eine Art Jiva, eine individuelle Seele oder Bewusstsein. Karma ist das Prinzip von Ursache und Wirkung, aber auch die innewohnende Fähigkeit zu gezieltem, absichtlichen Handeln. Karma bedeutet Handeln, Wirken und die Folgen daraus. Die Folgen sind weder zufällig, noch unterliegen sie einem höheren göttlichen Diktat, sondern sind ausschließlich selbst verursacht. Die Wiedergeburt (d.h. neue Manifestation nach dem Übergang/Tod) erfolgt je nach Karma als Tier oder Mensch, oder auf der Ebene der erdgebundenen Geister,  der Dämonen, in den Höllen oder in einer Himmelswelt. Als „Wurzeln“ oder Ursachen des negativen bzw. positiven Karmas gelten Gier oder Selbstlosigkeit, Hass oder Güte, Verblendung/Unwissenheit oder Einsicht, und sie bewirken die Anziehung auf den entsprechenden Ebenen. Die negativen Eigenschaften führen zum Streben nach Vergänglichem und zu Leid. Der Achtfache Pfad hingegen verwandelt das Negative in das Positive, führt zur Erleuchtung (Bodhi), dem Ende des Samsara und der Erreichung des Zustandes des „Nirwana“ (Nichts; ein Zustand nicht von dieser Welt, nicht im manifestierten Universum).

Die Vorstellungen von Metamorphose, Seelenwanderung, Wiedergeburt und Reinkarnation finden wir auch in antiken Geheimlehren (Pythagoras, Platon u.a.), der späteren jüdischen chassidischen und kabbalistischen Mystik (ab ca. 1000 n. Chr. und danach), bei den Katharern (12. Jhd.), bei Vertretern der Renaissance (durch Plotin, Neuplatonismus, Giordano Bruno usw. – von der Kirche bekämpft), den späteren diversen esoterischen Logen und Geheimlehren bis hin zu New Age. Esoterische Organisationen, Schulen und Vereine sprechen zwar vage von Reinkarnation, überlassen es aber meistens ihren Mitgliedern sich eigene genauere Vorstellungen darüber zu erwerben. Von 1. bis 5. ist daher alles vertreten. Genau genommen widersprechen sich diese scheinbar unterschiedlichen Aussagen noch nicht mal, sondern sind nur verschiedene Perspektiven auf ein und derselben Sache.

Vergangene Erfahrungen und Erkenntnisse sind Schätze

Wenn wir uns bemühen, uns zu erinnern, muss etwas vorhanden sein, worauf wir uns erinnern können. Es muss irgendwo als energetische Botschaft oder Bild „implantiert“, eingeschrieben, aufgeschrieben sein, ob das die „Akasha-Chronik“ der Weltseele gesamt ist oder das „Buch des Lebens“ für den Einzelnen, das Teil seiner Seele bzw. seines „Herzens“ ist. Die Erinnerungen sind mehr als nur biologische und kollektiv-genetische Zellerinnerungen (aller unserer Vorfahren) und atomare Bezüge zu dem, was einst mal war (z.B. Sonnen, aus dem die Materie entstand, der Urknall usw.). Die Erinnerungen sind energetisch, d.h. beruhen auf bestimmten starken Energien, Emotionen, Gedanken und Erkenntnissen, die aus bestimmten „Gründen“ mitgenommen werden, weil sie wohl unbewusst wichtig sind für unser jetziges Leben, für unsere geistige Evolution. Die man vielleicht bewusst machen und betrachten könnte, um daraus zu lernen, um vielleicht Karma aufzulösen, die man aber besser nicht „löschen“ und vergessen sollte. Wer seine Vergangenheit einfach abschneidet, vernichtet seine Gegenwart und seine Zukunft, die bekanntlich darauf wurzeln und uns erst zu dem machen, was wir sind. Andernfalls wären wir psychopathische emotionslose Biomaschinen. Unsere Erinnerungen und Erkenntnisse daraus sind vielmehr unsere geistigen Schätze, die wir uns schwer erarbeitet haben, sie sind das, was das Buch des Lebens erst füllt und ausmalt.

Ohne erworbene Erkenntnisse und Vergleichsmöglichkeiten aus eigener (mitgebrachter) Erfahrungen sind wir trotz Intelligenz nur negative tierische Fleischklumpen ohne Geist und Einfühlungsvermögen, wir sind sozusagen „leere und löschbare Blätter“ ohne Inhalt und im kosmischen Sinn ohne besonderen Wert. Entsprechend negativ handelt so ein innerlich leeres „Blatt“, entsprechend entsorgt und reycycled auch der Kosmos so ein Blatt. Umso leerer ein Blatt, umso weniger wird man sich an vorige Leben erinnern können, sofern es solche überhaupt gab.

Verborgene Erinnerungen bewusst machen

Rückführungen unter autosuggestiver Anleitung oder Hypnose unterliegen der indirekten Beeinflussung durch die rückführende Person sowie den eigenen unbewussten Wünschen und Vorstellungen. Eine andere Methode ist es, sich selbst in einen Grenzlinienzustand, in tiefer Entspannung zu versetzen (z.B. während einer Meditation) und sich dann bewusst an emotionale Ereignisse zu erinnern versuchen, z.B. an Hochzeiten, kollektiv erlebte Kriegsereignisse, Katastrophen, tragische Dinge, freudige Ereignisse. Vielleicht entsprechende Musik dabei abspielen. Welche Erinnerungen und Bilder steigen dabei in dieser geistigen Stille auf? Man lässt sie aufsteigen, betrachtet sie, aber analysiert sie während der Meditation nicht, sondern erst später. Wären sie möglich, sagen sie etwas über mein jetziges Leben aus? Erkenne ich vielleicht Personen oder Orte wieder? – Wissenschaftlich verifizieren kann man solche Erinnerungen kaum, man kann sie nur selbst für wahr befinden – oder auch nicht.